Unserer Spiritualität Raum geben
Der Sinn-Abend im September stand ganz im Zeichen der Spiritualität. Das Thema lautete: Meiner Spiritualität Raum geben. Es scheint eine tiefe Sehnsucht nach Spiritualität in unserer Gesellschaft zu geben, denn in der knapp 2-jährigen Geschichte der von mir ins Leben gerufenen Sinn-Abende war es einer der am besten besuchten Abende. Unser Seminarraum war ausgefüllt. Für drei unangemeldete Gäste haben wir aber doch noch 3 Stühle organisieren können. Wir freuen uns wirklich von Herzen über die vielen treuen TeilnehmerInnen, die wir immer wieder bei unseren Sinn-Abenden begrüßen dürfen, aber auch Neuzugänge sind immer gern gesehen und sehr willkommen. An dieser Stelle Danke an alle für das Dabeisein.
Diesmal war es uns mehr als bisher wichtig, auch unsere Sinne miteinzubeziehen, Sinnfindung mit allen Sinnen sozusagen. Wir haben den Abend mit einem Willkommensritual begonnen, bei dem es um das Riechen, um unseren Geruchssinn ging. Das Wort Spiritualität ist sehr alt und leitet sich vom lateinischen Wort spiritualis ab, was wiederum die Übersetzung des altgriechischen Wortes pneumatikos ist. Pneumatikos bedeutet unter anderem Riechen. Gott bzw. das Göttliche begegnet uns auch über die Sinne, laut Bruder David Steindl-Rast, den wir, meine Kollegin Regina Egger und ich, sehr schätzen.
Spiritualität ist nicht machbar und auch nicht institutionalisiert. Es geht dabei nicht um religiöse Systeme und auch nicht um Dogmen. Spiritualität ist nicht materiell, sondern geistig. In diesem Zusammenhang haben wir auch über den unbewussten Geist bzw. über das geistig Unbewusste gesprochen, ein Begriff, der von Viktor E. Frankl, den Begründer der Logotherapie und Existenzanalyse, stammt. „Ein Gottesglaube kann im Prinzip leicht definiert werden als Ausdruck eines Willens zu einem letzten Sinn, zu einem umfassenden Sinn“, so Frankl. In diesem Zusammenhang spricht er vom unbewussten Gott. Es ist also in jedem Menschen eine Gottbezogenheit, eine Intention in Richtung des Göttlichen angelegt, die Intention, über sich selbst hinaus zu fragen.
Laut Monika Renz, Musik- und Psychotherapeutin, Theologin und Leiterin der Psychoonkologie am Kantonsspital St. Gallen, ist Spiritualität Erfahrung, die so tief berührt, dass sie ergriffen macht. Ohne Erfahrung keine Spiritualität, sagt sie. Somit stand das Teilen und Erzählen von spirituellen Erfahrungen der TeilnehmerInnen im Mittelpunkt unseres Sinn-Abends. Da spirituelle Erfahrungen sehr intim sind, war es uns besonders wichtig, auf ein respektvolles Zuhören ohne Bewertungen hinzuweisen. Als reife, respektvolle und demütige Zuhörer schenken wir den Raum für das Teilen von spirituellen Erfahrungen, auch wenn wir diese vielleicht nicht verstehen oder glauben können. Der mit logotherapeutischen Begriffen versehene Sinn-Redestab, den wir zum ersten Mal eingesetzt haben, hat geholfen, den Erzählenden die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient haben.
Mit einem Nachspüren in Stille haben wir den offiziellen Teil des Abends beendet.
Danach gab es wieder genügend Zeit und Raum für persönlichen Austausch bei Getränken, bei Obst und bei der ein oder anderen Süßigkeit. Zur Inspiration hatten Regina und ich auch wieder viele Bücher zum Thema mit dabei.
Danke für die berührenden Geschichten, danke für die Offenheit. Danke für das Vertrauen.
Der nächste Sinn-Abend in Angerberg findet am 31.10.2024 statt. An diesem Abend sprechen wir - passend zum Datum - über unsere Sterblichkeit. Einen Überblick über alle bevorstehenden Termine gibt es hier.